Fes - Die Mutter aller Städte
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FES - Die Mutter aller Städte, ein Bildband von Eberhard Hahne



Die älteste und schönste der marokkanischen Königsstädte ist ein orientalisches Kleinod. Die Medina „Fes el Bali“ hat sich seit dem Mittelalter kaum verändert.
Nur langsam erwacht die Stadt. Das erste Geräusch des neues Tages ist das Gurren der Tauben. Hier und dort kräht ein Hahn. Aus der nahe gelegenen Moschee ruft der Muezzin zum ersten Gebet des Tages. Nach und nach reihen sich die Gebetsrufer der anderen Moscheen in den melodiösen Reigen. Allahu akbar – Gott ist der Größte – schallt es seit Jahrhunderten unverändert von den zahlreichen Minaretten der Altstadt. Fes el Bali – alt – ist die Stadt, aber höchst lebendig. Nicht wie Rom oder Kairo von der Moderne überrollt, vom Straßenverkehr zermürbt. Hier wird Geschichte gelebt, Tradition dient nicht als Kulisse für Touristenmassen.

Die hölzernen Klappen der Geschäfte werden geöffnet, Kinder tragen kreisrunde Brotlaibe zum Bäcker des Viertels. Langsam füllen sich die Cafés. Frisches Schmalzgebäck und süßer Minztee werden zum Frühstück gereicht. Die Talaa Kebira, die Hauptader der Medina, kaum zimmerbreit, füllt sich, schwillt an zu drangvoller Enge. Fes ist erwacht. Esel schreien, eifrige Händler bieten ihre Waren an, der beißende Geruch von Holzkohlefeuern vermischt sich mit süßlichem Melonenduft, gleißendes Sonnenlicht stößt auf tiefschwarze Schatten. Die Händler, Handwerker und Fußgänger wirken in ihrer traditionellen Kleidung wie Akteure einer barocken Operninszenierung.

Tradierte Werte, das Zunftwesen und der vereinende Glaube an Allah und seinen Propheten Mohammed prägen den Alltag. Staatliche Kontrolle und Versorgung spielen in der Medina eine untergeordnete Rolle. Jedes der 35 Wohnviertel hat seine eigene Infrastruktur: Hamam, Bäckerei, Moschee, Brunnen, öffentliche Toiletten, eine Msid (eine Art Vorschule), und oft einen kleinen Viktualienmarkt für den täglichen Bedarf. Noch vor 50 Jahren wurden nachts die Tore zu den Quartiers verschlossen. Nur bekannten Gesichtern gewährte der Wächter Durchlass.

Das Gewerbe ist nach Zünften geordnet und in Gassen (Derb) oder auf Märkten (Souk) zusammengefasst. Die Gasse der Färber mündet in den pittoresken Platz der Kupferschmiede, dahinter arbeiten die Gerber. Der Parfüm-Souk grenzt an den Markt für Gewürze. Die Schneider haben ihre Verschläge neben denen der Tuchhändler. Viele Materialien und Fertigungstechniken haben sich seit dem Mittelalter kaum verändert.

Die Altstadt ist von einer zwölf Kilometer langen Mauer umgeben und schmiegt sich an die Flanken des Berges Djebel Zalagh. Der inzwischen größtenteils überbaute Fluss, der Qued Fes, teilt die Medina in zwei Teile. Seine zahlreichen Nebenarme speisen die unzähligen Brunnen der Stadt und versorgen die Werkstätten und Haushalte mit frischem Wasser. ...
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