23.09.2023, 22:35
Ein Tag beim Lehmbau
Manfred Fahnert vom Lehm-Express hat vom 10.09. - 23.09.2023 ein Seminar zum Lehmbau in der Kasbah nouvelle du Caid Ali in Agdz veranstaltet. Neben Labor-Experimenten zur Untersuchung der verschiedenen Zusammensetzungen des Baumaterials Lehm lernen die Teilnehmer Grundlagen zum Bau einer Stampflehmmauer, zur Herstellung von Lehmziegeln, zum Verputzen und der Herstellung eines Bodenbelags.
Da wir schon oft bei unseren Streifzügen staunend den Bau einer Stampflehmmauer beobachtet haben, reizt uns Manfreds freundliche Einladung ganz besonders, selber einen Tag daran mitwirken zu dürfen.
Im Hof wird das Material abgemischt, die Holz-Schalung für einen ca. 50 cm breiten und knapp 2 m langen Mauerabschnitt ist bereits fertig. Nun gilt es zuerst, diese mit großen Steinen als Grundlage zu füllen. Der Mauerabschnitt befindet sich in der ersten Etage, Material liegt draußen im Hof. M'Barek, der mit Manfred zusammen arbeitet und Spezialist für Stampflehm ist, verarbeitet das per Seilzug nach oben geschaffte Material. Als genügend Steine liegen, verlangt er Lehm. Nun kommt Leben in die Arbeitskette: Eimer füllen, in den Innenhof tragen, hochziehen, auf das Gerüst reichen, von dort an Mbarek, der die Schalung füllt. In Abständen nimmt er seinen Holzstampfer, um den Lehm zu verdichten.
Er hat einen guten Blick auf die im Hof Arbeitenden und macht sich gern seinen Spaß, indem er von oben antreibt: jallah, jallah - schneller! Das Wort hat er auf deutsch gelernt und verwendet es freudig. Die fast empörten Rufe aus dem Hof quittiert er mit breitem Grinsen.
Kurz vor 13 Uhr ertönt erneut der Ruf: jallah - diesmal von Amina, der Küchenfee. Diesem Ruf folgen wir alle gern, die Arme sind müde, Durst und Hunger kündigen sich an. Auch Sidi Ahmed, der heutige Besitzer der Kasbah und Sohn ihres Gründers Caïd Ali hat sich bereits im Hof eingefunden. Mit seinen fast 100 Jahren nimmt der hagere Herr mit dem schmalen, freundlichen Gesicht rege Anteil am Baugeschehen. Er lässt sich an der Stirnseite der langen Tafel im Innenhof nieder, bekommt seinen Teller standesgemäß zuerst gefüllt. Noch bevor er den ersten Bissen nimmt, stößt er mich an, deutet auf Andreas leeren Teller und verlangt: Madame, jallah! Erst nachdem ich pflichtgemäß auch diesen Teller gefüllt habe, beginnt er geräuschvoll zu essen. Als er satt ist, sucht er seinen Stock und schlurft zu einer Bank, auf der er sich zum Mittagsschlaf niederlegt. Nichts kann ihn jetzt noch stören...
Nachdem die goßen Platten mit Couscous, Hühnchen und Rosinen, gewürzt mit Zimt restlos leer sind, genießt jeder eine Mittagsruhe bis 15 Uhr. Nur Amina ist noch fleißig und räumt in der Küche auf.
Nachmittags wird weitergearbeitet. Während nicht nur wir, sondern auch die Seminarteilnehmer Startschwierigkeiten haben, steht M'Barek bereits wieder erwartungsvoll auf der Mauer. Bis 18 Uhr arbeiten wir alle im gleichen Rhythmus weiter, dann sind die 3 Mauerabschnitte fertig, der Anschluss an den Turm geschafft. Mit einem zufriedenen "Baraka" steigt M'Barek von der Mauer herunter und lässt sich einen Tee bringen. Wir ziehen uns alle zur dringend notwendigen Körperpflege zurück und versammeln uns gegen 20 Uhr wieder im Hof. Sidi Ahmed hat bereits seinen Stammplatz eingenommen, eine gewaltige Stirnlampe für den Heimweg liegt neben ihm. Alle schlängeln sich um ihn herum, denn keiner wagt es, Sidi zu bitten, noch einmal aufzustehen.
Nach dem Essen zieht er stolz seinen Ausweis aus der Tasche, alle bewundern ihn und wir lesen ehrfurchtsvoll das Geburtsjahr: 1927! M'Barek gesellt sich zu ihm, die Männer unterhalten sich - wir würden es eher als Schreien bezeichnen, da Sidi schwerhörig ist. Wir lachen Tränen, wenn M'Barek ihm verschmitzt grinsend ins Ohr brüllt - ein Marokkaner, der Amina hilft, übersetzt uns. M'Barek meint: Zeit für den 80-Jährigen, ins Bett zu gehen. Da muss Sidi heftig protestieren - so ein junger Kerl sei er ja wohl nicht mehr! Trotzdem lässt er sich dankbar von M'Barek durch die dunklen Gassen zu seinem Schlafgemach führen.
Zeit auch für uns, die Nachtruhe einzuläuten. Die ungewohnte Arbeit hat doch rechtschaffen müde gemacht!
Manfred Fahnert vom Lehm-Express hat vom 10.09. - 23.09.2023 ein Seminar zum Lehmbau in der Kasbah nouvelle du Caid Ali in Agdz veranstaltet. Neben Labor-Experimenten zur Untersuchung der verschiedenen Zusammensetzungen des Baumaterials Lehm lernen die Teilnehmer Grundlagen zum Bau einer Stampflehmmauer, zur Herstellung von Lehmziegeln, zum Verputzen und der Herstellung eines Bodenbelags.
Da wir schon oft bei unseren Streifzügen staunend den Bau einer Stampflehmmauer beobachtet haben, reizt uns Manfreds freundliche Einladung ganz besonders, selber einen Tag daran mitwirken zu dürfen.
Im Hof wird das Material abgemischt, die Holz-Schalung für einen ca. 50 cm breiten und knapp 2 m langen Mauerabschnitt ist bereits fertig. Nun gilt es zuerst, diese mit großen Steinen als Grundlage zu füllen. Der Mauerabschnitt befindet sich in der ersten Etage, Material liegt draußen im Hof. M'Barek, der mit Manfred zusammen arbeitet und Spezialist für Stampflehm ist, verarbeitet das per Seilzug nach oben geschaffte Material. Als genügend Steine liegen, verlangt er Lehm. Nun kommt Leben in die Arbeitskette: Eimer füllen, in den Innenhof tragen, hochziehen, auf das Gerüst reichen, von dort an Mbarek, der die Schalung füllt. In Abständen nimmt er seinen Holzstampfer, um den Lehm zu verdichten.
Er hat einen guten Blick auf die im Hof Arbeitenden und macht sich gern seinen Spaß, indem er von oben antreibt: jallah, jallah - schneller! Das Wort hat er auf deutsch gelernt und verwendet es freudig. Die fast empörten Rufe aus dem Hof quittiert er mit breitem Grinsen.
Kurz vor 13 Uhr ertönt erneut der Ruf: jallah - diesmal von Amina, der Küchenfee. Diesem Ruf folgen wir alle gern, die Arme sind müde, Durst und Hunger kündigen sich an. Auch Sidi Ahmed, der heutige Besitzer der Kasbah und Sohn ihres Gründers Caïd Ali hat sich bereits im Hof eingefunden. Mit seinen fast 100 Jahren nimmt der hagere Herr mit dem schmalen, freundlichen Gesicht rege Anteil am Baugeschehen. Er lässt sich an der Stirnseite der langen Tafel im Innenhof nieder, bekommt seinen Teller standesgemäß zuerst gefüllt. Noch bevor er den ersten Bissen nimmt, stößt er mich an, deutet auf Andreas leeren Teller und verlangt: Madame, jallah! Erst nachdem ich pflichtgemäß auch diesen Teller gefüllt habe, beginnt er geräuschvoll zu essen. Als er satt ist, sucht er seinen Stock und schlurft zu einer Bank, auf der er sich zum Mittagsschlaf niederlegt. Nichts kann ihn jetzt noch stören...
Nachdem die goßen Platten mit Couscous, Hühnchen und Rosinen, gewürzt mit Zimt restlos leer sind, genießt jeder eine Mittagsruhe bis 15 Uhr. Nur Amina ist noch fleißig und räumt in der Küche auf.
Nachmittags wird weitergearbeitet. Während nicht nur wir, sondern auch die Seminarteilnehmer Startschwierigkeiten haben, steht M'Barek bereits wieder erwartungsvoll auf der Mauer. Bis 18 Uhr arbeiten wir alle im gleichen Rhythmus weiter, dann sind die 3 Mauerabschnitte fertig, der Anschluss an den Turm geschafft. Mit einem zufriedenen "Baraka" steigt M'Barek von der Mauer herunter und lässt sich einen Tee bringen. Wir ziehen uns alle zur dringend notwendigen Körperpflege zurück und versammeln uns gegen 20 Uhr wieder im Hof. Sidi Ahmed hat bereits seinen Stammplatz eingenommen, eine gewaltige Stirnlampe für den Heimweg liegt neben ihm. Alle schlängeln sich um ihn herum, denn keiner wagt es, Sidi zu bitten, noch einmal aufzustehen.
Nach dem Essen zieht er stolz seinen Ausweis aus der Tasche, alle bewundern ihn und wir lesen ehrfurchtsvoll das Geburtsjahr: 1927! M'Barek gesellt sich zu ihm, die Männer unterhalten sich - wir würden es eher als Schreien bezeichnen, da Sidi schwerhörig ist. Wir lachen Tränen, wenn M'Barek ihm verschmitzt grinsend ins Ohr brüllt - ein Marokkaner, der Amina hilft, übersetzt uns. M'Barek meint: Zeit für den 80-Jährigen, ins Bett zu gehen. Da muss Sidi heftig protestieren - so ein junger Kerl sei er ja wohl nicht mehr! Trotzdem lässt er sich dankbar von M'Barek durch die dunklen Gassen zu seinem Schlafgemach führen.
Zeit auch für uns, die Nachtruhe einzuläuten. Die ungewohnte Arbeit hat doch rechtschaffen müde gemacht!
Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
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