Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko
Urlaub vom Arbeitsurlaub

Auf der Fahrt von  N’Kob  Richtung Bouarfa folgen wir einer Einladung von Thomas Friedrich. Er lebt mit seiner Familie in Errachidia, beherbergt und verpflegt uns sehr komfortabel in seinem Haus. Gern möchte er uns seine Umgebung ein wenig näher bringen, nimmt sich dafür einen ganzen Tag Zeit. Am Vorabend sitzen wir gemeinsam am Computer und lassen uns seine Pläne zeigen. Mit vielen Hintergrundinformationen beschreibt er eine große Runde, wir können kaum glauben, dass sie an einem Tag zu schaffen ist. Gelassen antwortet er, gern Auto zu fahren um uns seine Wahlheimat, die er auch nach 25 Jahren noch genauso liebt, wie am ersten Tag, zu zeigen. Das ist etwas, was wir uns eigentlich viel öfter von Ortskundigen wünschen, aber hier bei Thomas tatsächlich zum ersten Mal erleben. Wir sind gespannt und freuen uns auf einen Tag, an dem wir beide nur aus dem Auto schauen und genießen können.

Nach einem ausgedehnten Frühstück verlassen wir Errachidia, folgen dem Fluss Ziz. Unterwegs macht uns Thomas auf die zahlreichen Wachtürme aufmerksam, die das Tal einst überragten. Vor vielen Jahren hat er sie alle zu Fuß erklommen. Wir überqueren den Fluss und fahren bergauf zum aufgegebenen Ksar Amjouj. Während wir durch die Ruinen streifen, berichtet Thomas, dass das Dorf wegen des Baus des Hassan-Eddakhil-Staudamms aufgegeben wurde, die Straße endet heute hier. Wir entdecken in einem Haus noch eine kunstvoll bemalte Holzdecke, finden die alte Moschee und genießen an einem ehemaligen Wachturm den Blick ins tief unter uns liegende Ziz-Tal. Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir an der ehemaligen Ölmühle des Dorfes vorbei, deren wuchtige Holzspindel uns sehr beeindruckt.

Richtung Hauptstrasse passieren wir zwei in eine Felswand gehauene Erinnerungssteine der 3. Fremdenlegionskompanie, 1. Bataillon vom März-April 1928, gut erkennbar an der siebenarmigen Flamme. Weiter Richtung Tal ist eine derzeit leider trockene Quelle. An ihrem Becken trafen sich die Frauen gern zum Wäsche waschen. Auch in zwei schöne Ksour - Aït Atmane und Aït Menzou, deren Außenmauern noch komplett sind, kann man von der Quelle hineinsehen. Auf eine nähere Besichtigung verzichten wir jedoch, da im Inneren nur noch Ruinen erkennbar sind.

Wieder auf der Nationalstraße angekommen geht die Fahrt weiter, nächster Stopp ist ein Tunnel, der von deutschen Fremdenlegionären in den Fels gehauen wurde. Welch harte und kräftezehrende Arbeit muss das einst gewesen sein...

Hinter dem Tunnel weiter sich das Ziz-Tal, wir biegen Richtung Fluss ab und erreichen die Station Thermale de Hamat Ali Cheri, eine heiße Quelle. Eben ist dort Frauenbadestunde, deswegen darf nur ich mich nähern. Fröhlich planschen nahezu unbekleidet Marokkanerinnen im Wasser, begrüßen mich freundlich. Als ich meine Hände ins Wasser tauche, ziehe ich sie fast erschrocken wieder heraus, so heiß ist das Wasser. Die dort Badenden empfinden das offenbar anders! Auf der anderen Flussseite sind das Dorf Ifri und zahlreiche Höhlen erkennbar.

Noch eine Quelle liegt unmittelbar an der Straße - Souce thermale Moulay Hachem. Das hier aus zwei Hähnen sprudelnde Wasser soll gegen Rheuma helfen, fleißig füllen sich Besucher ihre mitgebrachten Flaschen. Unter Bäumen stehen zahlreiche Bänke im Schatten, wir wappnen uns für das nächste Ziel.

Auch wenn in Tazmamarte außer einem Areal, das von einer Backsteinmauer mit Stacheldraht umzäunt ist, nichts weiter zu sehen ist, weht doch hier ein Wind des Grauens. Einst war hier ein Gefängnis mit unterirdischen Zellen, ohne Tageslicht, ohne Schutz vor Hitze oder Kälte, ohne jegliche ärztliche Versorgung vegetierten hier mehrere tausend Gefangene dahin... Lange schweigen wir im Auto, jeder hängt seinen Gedanken nach.

Über eine Piste rumpeln wir zu einem Bauwerk, das Aadi Oubihi errichten ließ mit dem Ziel, hier eine selbständige Republik auszurufen. Im Gebäude mit fantastischem Blick auf das weit unten liegende Ziz-Tal schwanken wir, ob es sich um eine Kasbah oder eine Kaserne gehandelt haben mag. Die endgültige Antwort bleibt offen, aber der einstige Herrscher hat hier wahrlich einen strategisch günstigen Platz gewählt.

Unser letztes Ziel führt uns zuerst durch Errachidia, dann Richtung Tinjedad. Nach einigen Kilometern biegen wir links von der Straße auf eine Piste ab, durchqueren den Ort Tarda. Reste des ursprünglichen Dorfes liegen auf einem Hügel, umgeben von einem großen Friedhof. Wir rollen weiter zu den Kalkbrennöfen hinter dem Dorf. Hier werden noch heute Ziegel in den rund gemauerten Öfen gebrannt. Eine Horde Kinder kommt hinter uns her, wäre Thomas nicht dabei, hätten wir vermutlich bereits die Flucht angetreten. Er kann sich mit den Kindern auf marokkanisch unterhalten und damit ist ihnen der Wind aus den Segeln genommen, um Geld zu betteln oder gar, aggressiv zu werden!

Müde, zufrieden und angefüllt mit tollen Erlebnissen erreichen wir Thomas Haus, seine Frau empfängt uns mit einem fantastischen Dinner - ein krönender Abschluss dieses herrlichen Tages.
Ein herzliches Dankeschön an Jamila und Thomas für ihre großzügige Gastfreundschaft.
 
   
Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
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RE: Marokko-Erfahren erneut auf Entdeckungsreise in Marokko - von marokko erfahren - 10.10.2023, 21:48

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