11.05.2020, 21:14
Zwischen restriktiven Maßnahmen und Menschenrechten
11.05.2020
Interview mit Allal El Bassraoui, Anwalt und Präsident der Regionalkommission von Béni-Mellal-Khouribga
Wie viele Personen wurden wegen Verstoßes gegen den Gesundheitsnotstand, seit seinem Inkrafttreten am 20. März, festgenommen?
Nach Angaben der marokkanischen Menschenrechtsorganisationen sind es 81.489, darunter 49.247 in Polizeigewahrsam und 2.379 in Haft. Die Staatsanwaltschaft dagegen sagt, dass es sich um 65.352 Personen handelt, von denen 3.106 (4,75%) in Haft sind und 62.246 (95%) wieder auf freien Fuß gesetzt sind.
Wer hat recht?
Diese Statistiken sagen nicht viel aus. Die tatsächliche Zahl, die analysiert werden muss, ist die von Personen, die tatsächlich verurteilt werden. Es gibt zwar viele Verhaftungen, in der Praxis jedoch bleibt die Staatsanwaltschaft tolerant.
Sehen Sie sich die große Anzahl unserer Mitbürger an, die die Gesundheitsnotstand-Regeln verletzen! Eine Verurteilung setzt grobe Fahrlässigkeit voraus. Es geht in erster Linie darum, Menschen davon abzuhalten, den Ausnahmezustand zu verletzen. Unsere Gefängnisse wären sonst hoffnungslos überfüllt.
Was ist mit Kommentaren, die von der Rückkehr von Autoritarismus und der Kappung von Rechten und Freiheiten in Marokko sprechen?
Heute sehen wir, dass Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch Videos dokumentiert werden. Diese Fälle werden häufig Autoritätspersonen angelastet. Glücklicherweise gibt es nur wenige solcher Fälle. Im Übrigen kann ein Video lediglich eine Strafverfolgung auslösen. …
Für sowohl Bürger als auch Behörden ist noch vieles unklar. Das Auftreten von Covid-19 hat alle überrannt. Wir sind nicht allein! Sogar die noch stärker entwickelten Länder wurden von den Ereignissen überwältigt. Es besteht noch viel Bedarf an Sensibilisierung und Überwachung. Dazu gehört die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Ebenen in die Bemühungen zur Bekämpfung dieser Pandemie.
----
Boubker Largo, Präsident der marokkanischen Organisation für Menschenrechte (OMDH), teilte uns folgendes mit:
Eine Verhaftung bedeutet nicht automatisch eine Inhaftierung. Die Staatsanwaltschaft geht leider nicht auf die Appelle von Menschenrechts-NGOs ein, die wiederholt darum bitten, die Gefängnisse zu leeren, insbesondere in diesen Zeiten.
Die Festnahmen betreffen größtenteils Personen, die nicht nur verdächtigt werden, den Ausnahmezustand verletzt zu haben, sondern gleichzeitig weitere Straftaten begangen haben. … Wir achten darauf, dass diese Verhaftungen in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen und Verfahren durchgeführt werden. Wir dulden keinerlei Gewalt durch Strafverfolgungsorgane."
Libération
11.05.2020
Interview mit Allal El Bassraoui, Anwalt und Präsident der Regionalkommission von Béni-Mellal-Khouribga
Wie viele Personen wurden wegen Verstoßes gegen den Gesundheitsnotstand, seit seinem Inkrafttreten am 20. März, festgenommen?
Nach Angaben der marokkanischen Menschenrechtsorganisationen sind es 81.489, darunter 49.247 in Polizeigewahrsam und 2.379 in Haft. Die Staatsanwaltschaft dagegen sagt, dass es sich um 65.352 Personen handelt, von denen 3.106 (4,75%) in Haft sind und 62.246 (95%) wieder auf freien Fuß gesetzt sind.
Wer hat recht?
Diese Statistiken sagen nicht viel aus. Die tatsächliche Zahl, die analysiert werden muss, ist die von Personen, die tatsächlich verurteilt werden. Es gibt zwar viele Verhaftungen, in der Praxis jedoch bleibt die Staatsanwaltschaft tolerant.
Sehen Sie sich die große Anzahl unserer Mitbürger an, die die Gesundheitsnotstand-Regeln verletzen! Eine Verurteilung setzt grobe Fahrlässigkeit voraus. Es geht in erster Linie darum, Menschen davon abzuhalten, den Ausnahmezustand zu verletzen. Unsere Gefängnisse wären sonst hoffnungslos überfüllt.
Was ist mit Kommentaren, die von der Rückkehr von Autoritarismus und der Kappung von Rechten und Freiheiten in Marokko sprechen?
Heute sehen wir, dass Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch Videos dokumentiert werden. Diese Fälle werden häufig Autoritätspersonen angelastet. Glücklicherweise gibt es nur wenige solcher Fälle. Im Übrigen kann ein Video lediglich eine Strafverfolgung auslösen. …
Für sowohl Bürger als auch Behörden ist noch vieles unklar. Das Auftreten von Covid-19 hat alle überrannt. Wir sind nicht allein! Sogar die noch stärker entwickelten Länder wurden von den Ereignissen überwältigt. Es besteht noch viel Bedarf an Sensibilisierung und Überwachung. Dazu gehört die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Ebenen in die Bemühungen zur Bekämpfung dieser Pandemie.
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Boubker Largo, Präsident der marokkanischen Organisation für Menschenrechte (OMDH), teilte uns folgendes mit:
Eine Verhaftung bedeutet nicht automatisch eine Inhaftierung. Die Staatsanwaltschaft geht leider nicht auf die Appelle von Menschenrechts-NGOs ein, die wiederholt darum bitten, die Gefängnisse zu leeren, insbesondere in diesen Zeiten.
Die Festnahmen betreffen größtenteils Personen, die nicht nur verdächtigt werden, den Ausnahmezustand verletzt zu haben, sondern gleichzeitig weitere Straftaten begangen haben. … Wir achten darauf, dass diese Verhaftungen in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen und Verfahren durchgeführt werden. Wir dulden keinerlei Gewalt durch Strafverfolgungsorgane."
Libération