29.11.2021, 20:27
(29.11.2021, 19:29)Abdullah1994 schrieb:(29.11.2021, 11:55)Otto Droege schrieb: "Marokko ist nun mal kein laizistischer oder säkularer Staat. Und das muss man akzeptieren, auch wenn Dir eventuell einige Gesetzgebungen in diesem Staat zuwider sind."
Hallo Abdullah1994,
genau das halte ich für eine brandgefährliche Einstellung. Vorschlag: du reist nun als Muslim nach China zu den Uiguren und informierst diese, dass China nun einmal ein Staat mit maoistischer Staatsideologie ist und sie den Islam aufzugeben haben um dort friedlich weiterleben zu können. Das müssten die Uiguren, deiner Ansicht nach dann auch akzeptieren ("letzlich müssen wir die Gesetzgebungen tolerieren, ob in Deutschland oder Marokko"). Viel Vergnügen!
Religionen/Ideologien sind in moderner Zeit nur mehr Privatsache, die den "Staat" nicht betreffen und nicht mehr interessieren dürfen. Stell dir nur einmal vor, dass in Europa ähnliche Ideen auftreten (und die Tendenzen verstärken sich): der Islam ist eine verfassungswidrige Ideologie, der Religionsstatus wird ihm entzogen und er wird europaweit verboten. Was machen die Muslime denn dann?
Dir wünsche ich auch alles erdenklich Gute.
Beste Grüße
.
Dieser Vergleich hinkt etwas.
Im Allgemeinen: Ich kann nicht von einem Staat verlangen die eigenen Wertvorstellungen zu realisieren. Man kann es Anstoßen oder Anregungen bringen. Aber wenn der Staat sich weigert bleiben nicht viele Optionen: Entweder nimmt es so wie es ist und versucht das beste aus der Situation zu machen und sich im Rahmen des erlaubten anzupassen... oder man verabschiedet sich.
Ich weiß, dass es für viele schwer vorstellbar ist, aber die Liebe zu Allah und seinem Gesandten ist größer als die Liebe zu Menschen. Muslime mit Iman bevorzugen einen muslimischen Ehepartner - für denjenigen, der uns alles gegeben und uns erschaffen hat. Daher sind auch viele Muslime mit dieser Regel vollkommen einverstanden. Dass es natürlich auch Menschen gibt, die diesen Werten nicht folgen ist klar. Aber es ist nun mal ein islamisches Land (in denen übrigens Christen und Juden auch Ihre Freiheiten haben). Und keiner zwingt jemanden, in diesem Land zu bleiben, wenn einem die Werte nicht passen. Deshalb gehen auch einige Muslime aus Deutschland zurück in ihre islamische Heimat oder in andere islamische Länder. Und es gibt Menschen aus muslimischen Ländern, die hier ihre vermeintliche Freiheit ausleben möchten.
Was die Uiguren betrifft: Im islamischen Recht haben z.B. Christen Ihre religiösen Freiheiten. Die Uiguren hingegen haben keinen Schutz und wenig Rechte. Und für sie ist es nicht so einfach aus diesem Regime zu entfliehen. Es gibt Masseninhaftierungen. Eltern, die flüchten müssen, sehen ihre Kinder nicht, weil diese in staatlichen Waisenhäusern festgehalten werden. Kommen die Eltern zurück, droht Ihnen das Umerziehungslager. In diesem Falle eine schwierige Lage: aus Überzeugung widerspricht man der Staatsideologie aber man kann auch nicht so einfach aus dieser Situation heraus.
Außerdem heißt tolerieren nicht, dass man etwas gutheißt. Es kommt aus dem lat. "tolerare" und bedeutet etwas zu "dulden".
Letztlich müssen wir also die Staatsform dulden - oder gehen und eine Alternative suchen.
So wie auch in Deinem Beispiel genannt: gefühlt wird der Druck auf Muslime größer. Vor allem den Frauen wird eine religiöse Freiheit entzogen (z.B. Niqab-Verbot in EU-Ländern). Daher gibt es nicht wenige Muslime die Auswandern.
Aber ich möchte keine große Diskussion anstoßen.
Und es verfehlt wohl etwas den Thread. Wenn Du also noch ein Anliegen haben solltest, kannst Du mir es auch gerne privat schreiben.
Schönen Abend an alle
Hallo Abdullah,
du wirst deine Meinung nicht ändern, das musst du ja auch nicht.
Aber ich habe dazu meine eigene:
Jeder soll glauben dürfen, was er / sie möchte. Einen Zwang oder eine vermeintliche Überlegenheit einer Religion über eine andere darf es nicht geben.
Und ich pflichte @Otto bei:
Der Staat hat sich nicht in die Religionszugehörigkeit der Bürger einzumischen.
Er hat LAÏZISTISCH zu bleiben.
Der Mensch muss das Recht auf Freiheit, auch im Geiste und auch in der Religion, haben. Diese Freiheit sehe ich persönlich bei den Menschen, die ich in Marokko kenne, nicht gegeben.
Einem jungen Menschen, der nicht beten / praktizieren möchte, würde es in meinem Umfeld dort nicht gut ergehen. Hier jedoch könnte er / sie freier leben.
Ich weiß, dass dies eine unendliche Diskussion ergeben könnte.
Eines noch ist mir wichtig:
Du schreibst, hier würde die religiöse Freiheit der Frauen u.a. durch ein Niquab-Verbot entzogen.
Ich sehe das genau konträr:
Der Niquab macht Frauen unfrei!
Keine Frau sollte sich zur Unkenntlichkeit verhüllen.
Im übrigen kenne und sehe ich auch in Marokko sehr wenige Frauen, die ihn tragen.
Ich äußere das bewusst als meine persönliche Auffassung. Und ein Niquab hat mMn in unserer Gesellschaft keinen Platz.
Alles Gute!