18.06.2022, 16:28
(17.06.2022, 20:10)bulbulla schrieb: Hallo Mike,
leider wird in meiner Umgebung in Marokko niemals über Politik diskutiert, habe noch nichts mitbekommen. Es besteht ein großes Desinteresse daran, vor allem die Frauen informieren sich nicht und möchten das auch gar nicht.
Informationen aus Medien fehlen, es wird auch gar nicht gelesen.
Und wir wissen ja, dass im TV keinesfalls alles objektiv gezeigt wird.
Deutschland / Europa gilt jedoch wohl sehr oft noch als die Lösung aus der wirtschaftlichen Notlage, kein Wunder, wenn monatlich mit 100% -iger Regelmäßigkeit Leistungen eintreffen!
Wie die Arbeitswelt hier aussieht / dass nicht mit „goldenen Löffeln gegessen“ wird, kann sich keiner so richtig vorstellen! Wir versuchen immer aufzuklären…..
Zum Profitieren Deutschlands von den gut ausgebildeten Akademikern:
Das Beste wäre ja, wenn diese nach Studienabschluss in ihre Heimat zurückkehrten und DORT nützlich würden.
Ich habe schon mehrmals versucht, junge Leute für ein Studium hier zu gewinnen. Aber bis jetzt nutzte KEINER die Chance, da mit Mühen und Arbeit verbunden!
„Die einfachen Leute würden nicht ins Land gelassen..“:
ALLE Immigranten, die ich kenne, kamen OHNE Qualifikationen hierher.
Natürlich ist ihnen damit eine Arbeit im Niedriglohnsektor vorgezeichnet.
ABER sie könnten sich weiterbilden.
Ich kenne leider keinen, der das tat.
D ist in meiner Familie hoch angesehen. Sämtliche Waren daraus werden gerne angenommen & sind dort ein Symbol für Qualität.
Wie das Leben hier jedoch tatsächlich läuft, weiß keiner genau.
Zum „Neokolonialismus“:
Damit dürfte dein Tischnachbar im mainstream liegen.
Sicher ist die Auseinandersetzung damit ein interessantes Thema - auch für hier.
Ich denke öfter darüber nach.
Und „zu tief ins Glas geschaut“ wie der Tischnachbar erlebe ich persönlich nie. Keiner aus meinem Umfeld trinkt Alkohol.
Ich denke, wir bewegen uns in ganz verschiedenen Kreisen in Marokko.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit einigen Marokkanern sehr gut über Politik reden kann, wenn man heiße Themen, wie den Sahara-Konflikt auslässt. Mehrheitlich handelte es sich dabei allerdings um Akademiker, die einige Zeit im Ausland verbracht hatten.
Bei dem Herrn handelte es sich mit Sicherheit um ein Mitglied der "gehobenen Gesellschaft", denn das Restaurant und insbesondere die alkoholischen Getränke dort sind nicht gerade günstig.
Unseren Gastgebern war das Verhalten auch ungeheuer peinlich.
Was allerdings immer wieder mal kritisiert wird, ist der Service der deutschen Botschaft. Hier wurde das Personal wohl schon vor Corona heruntergefahren, so dass die Bearbeitungszeit von Visaanträgen ins Unermessliche gestiegen ist. Termine sind kaum zu bekommen. Studenten, die eine Zulassung einer deutschen Universität haben, können ihr Studium nicht beginnen, weil die Botschaft so langsam arbeitet. Wer zu touristischen Zwecken nach Deutschland will, beantragt wenn möglich das Visum bei der spanischen oder französischen Botschaft, wo es bedeutend schneller geht. Das ist wahrlich kein Aushängeschild für Deutschland und wird zu Recht als Desinteresse an Marokko interpretiert..
PS: Das Restaurant "Al Marsa" an der Marina in Salé kann ich auch für Abstinenzler gut empfehlen, es ist herrlich zwischen Yachthafen und dem Fluss Bouregreg mit Blick auf den Tour Hassan gelegen. Man kann - wie wir- einfach nur ein Mineralwasser oder einen frisch gepressten Orangensaft zum Essen trinken.