Ramadan - ein Kind erzählt
#2
Seit ich mich mit dem Islam beschäftige, haben mich Advent und Weihnachten immer auch an Ramadan erinnert, die freudigen Gesichter auf den Straßen, die Erwartung und Vorfreude in den Herzen, relaxte Menschen überall…
Zwei Dinge haben mich in diesem Jahr besonders berührt. Meine Freundin Aysin (Sie heißt natürlich nicht Aysin, aber sie möchte ihren Namen nicht im Internet sehen, darum nenne ich sie nach ihrem Äußeren "Schön wie der Mond") schrieb mir: "Warum kann nicht 4 mal im Jahr Weihnachten sein? Es ist so schön. Feiertage, entspannte und nette Menschen."
Mein kleiner syrischer Freund Abdulrahman sagte mir: "Verstehe ich nicht. Es gibt keinen Weihnachtsmann. Die Menschen, die daran glauben, sind dumm." Ich erklärte ihm, dass es nicht dumm sei an gute Dinge zu glauben und erzählte ihm die Geschichte von der kleinen Virginia:
 
Es war einmal – so dürfen ja eigentlich nur Märchen beginnen, keine wahren Begebenheiten. Die Geschichte von Virginia und dem Weihnachtsmann hat sich zwar Ende des 19.?Jahrhunderts tatsächlich zugetragen, aber sie ist so bezaubernd, dass eine Ausnahme erlaubt sein muss. Es war also einmal ein kleines Mädchen namens Laura Virginia O’Hanlon, das lebte in der 115 West 95th Street in Manhattan, New York.
Virginia, wie die meisten Kinder ihres Alters, machte sich schon im September Gedanken über das anstehende Weihnachtsfest – oder vielmehr: Sorgen. Denn von ihren Freunden hatte die Achtjährige erfahren, dass es in Wirklichkeit gar keinen Weihnachtsmann gibt. Bis dahin, so erzählte sie später, hatte sie immer an ihn geglaubt; schließlich hatte er sie nie enttäuscht. Jetzt aber bohrte und nagte der Zweifel.
So wandte sich Virginia in ihrer Not erst einmal an ihren Vater Philip O’Hanlon, der Assistent eines Untersuchungsrichters und offenbar ein Mann mit großem Herzen war, denn er brachte es nicht über sich, seiner Tochter eine ehrliche Antwort zu geben. Um sie aber nicht im Ungewissen zu lassen, schlug er ihr vor, doch einen Leserbrief an die „New York Sun“ zu schreiben, zu jener Zeit eine der wichtigsten Zeitungen der Stadt.
In der Familie war es üblich, die „Frage & Antwort“-Kolumne zurate zu ziehen, wenn eine Streitfrage aufkam – zur korrekten Aussprache eines Wortes etwa oder zu historischen Fakten. „Wenn du es in der ‚Sun‘ siehst“, versicherte Philip O’Hanlon deshalb seiner Tochter, „ist es so.“
Virginia setzte sich also hin und schrieb tatsächlich an die Redaktion – ihren Brief mit der drängenden Frage: „Bitte sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es einen Weihnachtsmann?“ – und schickte ihn ab. Er landete in den Händen von Francis Pharcellus Church, einem ehemaligen Kriegskorrespondenten während des Amerikanischen Bürgerkriegs.
Als Sohn eines baptistischen Geistlichen war der Journalist bei der „Sun“ oft für heikle theologische Fragen zuständig, denen er dann auf der Leitartikelseite nachging – stets nach seinem persönlichen Motto: „Sei bestrebt, deinen Verstand von Heuchelei freizuhalten.“ An der Front hatte der 58-Jährige wenige Jahrzehnte zuvor viel Elend und Schrecken erlebt; er galt als entschlossener, kaltblütiger Mensch, der teilweise sardonische Analysen verfasste und dem gefälliges Beipflichten widerstrebte.
 

 Die Antwort von Francis P. Church auf Virginias Frage:

Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie sind angekränkelt vom Skeptizismus eines skeptischen Zeitalters. Sie glauben nur, was sie sehen: Sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, Virginia, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen.
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und die Großherzigkeit und die Treue. Und du weißt ja, dass es all das gibt, und deshalb kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Sie wäre so dunkel, als gäbe es keine Virginia. Es gäbe keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das ewige Licht der Kindheit, das die Welt erfüllt, müsste verlöschen.
Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle an Heiligabend Leute ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den Weihnachtsmann zu Gesicht – was würde das beweisen?
Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens Kindern und Erwachsenen unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken – geschweige denn sie zu sehen –, das vermag nicht der Klügste auf der Welt.
Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die größte Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein. „Ist das denn auch wahr?“, kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer, und nichts ist beständiger.
Der Weihnachtsmann lebt, und ewig wird er leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen.

Frohe Weihnacht, Virginia!
Dein Francis Church
 

Ich wünsche Aysin, meinem kleinen Freund Abdulrahman und allen Muslimen 4 mal Weihnachten im Jahr und immer den festen Glauben an das Gute im Herzen.

Abdul und seine Familie kommen morgen zu mir den 4. Advent zu feiern.

Katrin




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RE: Ramadan - ein Kind erzählt - von whatshername61 - 22.12.2018, 21:49
RE: Ramadan - ein Kind erzählt - von SabineZ - 22.04.2020, 10:49
RE: Ramadan - ein Kind erzählt - von FouadF - 22.04.2020, 18:07
RE: Ramadan - ein Kind erzählt - von Maghribi - 11.03.2024, 17:44

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