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@Maria
Zitat:Stelle mir dann immer umgekehrt die Leute vor, wenn sie mal gezwungen wären, hier in Europa an einem formellen Essen teilzunehmen -
Unsere Vorfahren hatten vor 300 Jahren auch noch so gegessen, sich dann aber weiter entwickelt.
Warum hat diese Weiterentwicklung hier nicht stattgefunden ?
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Mit besten Grüßen aus Errachidia,
Thomas
In Marokko ist alles möglich nur nichts schnell.
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Mahlzeit an der Bushaltestelle
Gern lassen wir uns mittags für einen Salat oder für das abendliche Dinner in einem Restaurant nahe einer Bushaltestelle nieder. Neben dem kulinarischen Genuss wird auch den Augen viel geboten.
Wir beobachten, dass die Marokkaner, die einen der zahlreichen Fernbusse besteigen, stets sehr sorgfältig - fast möchte man meinen, festlich gekleidet sind. Selbst Kinder tragen keine Alltagskleidung, Mädchen sind sorgfältig frisiert. Unglaublich ist oft der Umfang des mitgeführten Gepäcks. Große Koffer, prall gefüllte Plastksäcke und unförmige, stark verschnürte Pakete stapeln sich an Haltestellen.
Alles quirlt durcheinander, trinkt Tee, man besorgt das notwendige Reiseproviant in den umliegenden Geschäften. Gerade ist Zeit der Dattelernte, sie werden überall angeboten. Teilweise wissen die Händler, wo der Bus hält und plazieren ihre Ware so, dass die Aussteigenden geradezu darüber stolpern.
Fährt der Bus vor, bricht Hektik aus. Gelassen steigt der Busfahrer aus, stärkt sich meist mit einem Kaffee, während sich sein Begleiter um die Ein- und Aussteigenden kümmert, Gepäck herausreicht, das neue geschickt stapelt.
Irgendwann klettert der Fahrer wieder auf seinen Sitz, hupt auffordernd. Signal für alle, dass es gleich losgeht. Sein Begleiter weiß genau, wer noch fehlt. Alle im Bus warten geduldig, bis auch der letzte Gast seinen Kaffee bezahlt und sein Wechselgeld erhalten hat. Ein letztes lautes Hauptsignal ertönt, dann rollt der gut gefüllte Bus weiter.
...der Platz für den Bus aus der Gegenrichtung ist frei und das Theater kann von neuem beginnen...
Barbara & Andreas
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Ich sag´s ja immer:
In Marokko braucht man keinen Fernseher denn draussen laufen die besten Filme.
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Mit besten Grüßen aus Errachidia,
Thomas
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Ehrlichkeit
In Nkob lassen wir uns am ersten Abend im Café Enaked nieder und fragen nach etwas zu essen. Da es keine Karte gibt, entscheiden wir uns nach der mündlichen Ansage für Tacos, Salat, bestellen Tonic und eine Flasche Wasser dazu. Als krönenden Abschluss genießen wir noch einen Kaffee, bevor wir bezahlen.
Nach der Erfahrung aus anderen Restaurants überschlage ich im Kopf, dass es maximal 150 DH kosten sollte. Und richtig, der Kellner nennt mir auf französisch den Preis: 130 DH. Ich bezahle mit einem 200DH Schein und erhalte 20DH zurück. Während ich noch Trinkgeld aus der Börse suche, wundere ich mich ein wenig, vermute aber, den Preis nicht genau verstanden zu haben. Wir verlassen das Restaurant mit dem Gefühl, er wird wohl 180 DH gemeint haben...
Zwei Tage später landen wir wieder hungrig im Enaked mit Lust auf Pizza. Voller Vorfreude bestellen wir Pizza und Salat. Im Kühlschrank des Restaurants reihen sich zu unserem großen Erstaunen verschiedene Biersorten aneinander - alle alkoholfrei! Das haben wir noch nie gesehen und bestellen spontan zwei dieser Erfrischungsgetränke, dazu noch eine Flasche Wasser gegen den größten Durst.
Bedauernd meint der Kellner allerdings, Pizza gibt es hier nicht, aber in ihrem zweiten Restaurant einige Kilometer entfernt. Offensichtlich bemerkte er die Enttäuschung in unseren Gesichtern und fragte noch einmal: ihr möchtet Pizza? Wir bejahen, er verschwindet ohne weitere Fragen. Eine knappe halbe Stunde später hält ein Moped vor dem Enaked, der Fahrer balanciert zwei Pizzakartons und zwei Holzbretter in einer Hand. Kurze Zeit später landen Salat und zwei lecker aussehende Pizzen neben dem Bier auf unserem Tisch. Die Menge ist kaum zu bewältigen.
Als ich bezahlen möchte, kommen zwei Kellner an den Tisch. Der eine nennt den Gesamtpreis: 130 DH, der andere erklärt unter vielen Entschuldigungen, dass ich diesmal nur 80 DH zu bezahlen hätte, weil vor zwei Tagen das Wechselgeld nicht gestimmt hat. Wir sind platt über diese Ehrlichkeit, hatten die Situation bereits vergessen. Strahlend nimmt er noch sein Trinkgeld entgegen, läuft uns sogar mit unserer nicht ausgetrunkenen Wasserflasche hinterher, die wir auf dem Tisch vergessen hatten.
Wieder einmal drängt sich uns die Frage auf, ob wir das auch in einem Restaurant in unserer Heimat erlebt hätten...?
Barbara & Andreas
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Nicht ohne Grund nennt man Marokko auch "Das Land der Gegensätze".
Man kann hier alles erleben, von einem Extrem ins andere.
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Mit besten Grüßen aus Errachidia,
Thomas
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(24.09.2023, 13:02)theomarrakchi schrieb: ... doch wie "standfest" diese Bauten sind hat sich beim letzten Erdbeben leider auch gezeigt.
Manfred vom Lehmexpress aus Agdz schickt uns dazu das Positionspapier des Dachverbandes Lehm:
Positionspapier September 2023
Bewertung von Lehmbau in Erdbebenregionen
Am 8. September 2023 erschütterte ein schweres Erdbeben den zentralen Landesteil Marokkos mit dem Epizentrum im Atlasgebirge. Mehr als 2.900 Menschen wurden getötet. Mehr
als 5.600 weitere Menschen sind verletzt worden (Quelle: Tagesschau.de, 12.09.2023). Im Zuge der Berichterstattung wird immer wieder auf die Gefährdung der Menschen in den
„einfachen Lehmhäusern“ berichtet.
Bei den meisten Nachrichtensendern wurden die katastrophalen Auswirkungen des Erdbebens in Marokko nahezu reflexhaft mit Lehmbau in Verbindung gebracht. Die Argumentationen sind nicht objektiv, oft fachlich falsch.
Dazu eine Klarstellung:
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Lehmbaustoffe in Erdbebengebieten grundsätzlich eher geeignet sind als andere Baustoffe. Allerdings müssen sie richtig verarbeitet
sein. Das Problem liegt daher in der praktischen Ausführung der Lehmbautechniken. Der klare Vorteil liegt gerade beim Lehmbau darin, dass die Häuser mit vor Ort verfügbaren Mitteln und menschlicher Handwerkskraft sehr gut gegen Erdbebenschäden ertüchtigt werden können, sofern das Knowhow verfügbar ist. Bei anderen Bauweisen geht dies nur mit teuer zugekauftem Zement oder Baustahl. Für westliche Firmen gibt es an diesen industriellen Baustoffen natürlich ungleich mehr zu verdienen. Auch dies kann ein Grund dafür sein, dass Erdbebenschäden gerne mit „primitivem“ Lehmbau in Verbindung gebracht werden.
Abschließend dazu eine Aussage von Prof. Dr.-Ing. Christof Ziegert:
“Alle Bauweisen sind von Schäden und Einsturz betroffen. Ursache ist meistens die niedrige Bauqualität und der schlechte Erhaltungszustand. Durch den hohen Anteil an Lehmbauten
am Baubestand erscheint der Eindruck, dass die Lehmbauweise besonders stark betroffen und anfällig ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass angemessen konstruierte und gut erhaltene Lehmbauten keinen schlechteren Widerstand gegen Erdbebenbeanspruchung aufweisen als andere Bauweisen; im Gegenteil.”
Veröffentlicht:
Dachverband Lehm e.V.
Weimar im September 2023
Dachverband zur Förderung des Lehmbaus
www.dachverband-lehm.de
Postfach 1172 · D-99409 Weimar
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(29.09.2023, 20:10)marokko erfahren schrieb: (24.09.2023, 13:02)theomarrakchi schrieb: ... doch wie "standfest" diese Bauten sind hat sich beim letzten Erdbeben leider auch gezeigt.
Manfred vom Lehmexpress aus Agdz schickt uns dazu das Positionspapier des Dachverbandes Lehm:
Positionspapier September 2023
Bewertung von Lehmbau in Erdbebenregionen
Am 8. September 2023 erschütterte ein schweres Erdbeben den zentralen Landesteil Marokkos mit dem Epizentrum im Atlasgebirge. Mehr als 2.900 Menschen wurden getötet. Mehr
als 5.600 weitere Menschen sind verletzt worden (Quelle: Tagesschau.de, 12.09.2023). Im Zuge der Berichterstattung wird immer wieder auf die Gefährdung der Menschen in den
„einfachen Lehmhäusern“ berichtet.
Bei den meisten Nachrichtensendern wurden die katastrophalen Auswirkungen des Erdbebens in Marokko nahezu reflexhaft mit Lehmbau in Verbindung gebracht. Die Argumentationen sind nicht objektiv, oft fachlich falsch.
Dazu eine Klarstellung:
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Lehmbaustoffe in Erdbebengebieten grundsätzlich eher geeignet sind als andere Baustoffe. Allerdings müssen sie richtig verarbeitet
sein. Das Problem liegt daher in der praktischen Ausführung der Lehmbautechniken. Der klare Vorteil liegt gerade beim Lehmbau darin, dass die Häuser mit vor Ort verfügbaren Mitteln und menschlicher Handwerkskraft sehr gut gegen Erdbebenschäden ertüchtigt werden können, sofern das Knowhow verfügbar ist. Bei anderen Bauweisen geht dies nur mit teuer zugekauftem Zement oder Baustahl. Für westliche Firmen gibt es an diesen industriellen Baustoffen natürlich ungleich mehr zu verdienen. Auch dies kann ein Grund dafür sein, dass Erdbebenschäden gerne mit „primitivem“ Lehmbau in Verbindung gebracht werden.
Abschließend dazu eine Aussage von Prof. Dr.-Ing. Christof Ziegert:
“Alle Bauweisen sind von Schäden und Einsturz betroffen. Ursache ist meistens die niedrige Bauqualität und der schlechte Erhaltungszustand. Durch den hohen Anteil an Lehmbauten
am Baubestand erscheint der Eindruck, dass die Lehmbauweise besonders stark betroffen und anfällig ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass angemessen konstruierte und gut erhaltene Lehmbauten keinen schlechteren Widerstand gegen Erdbebenbeanspruchung aufweisen als andere Bauweisen; im Gegenteil.”
Veröffentlicht:
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Eine solche Ausage ohne nähere Begründungen und/oder Belege hat für mich leider keinerlei Aussagekraft, zumal von Seiten einer einseitig "vorbelasteten" Quelle. Ich würde es auch gerne glauben, aber es zu wissen wäre besser. Aber letztendlich nützt das jetzt auch keinem Opfer mehr.
Grüße vom Niederrhein
Michael Hausmann
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Wiedersehen in der Zaouïa Sidi el Houari
Wir planen unsere Weiterfahrt von N'Kob nach Errachidia, wollen am 2.10. starten und wählen eine uns noch unbekannte Strecke über Alnif und Rissani nach Errachidia. Danach geht es weiter Richtung Norden-Osten nach Oujda, von dort werden wir am 7. 10. den „Train du Desert“ nach Bouarfa besteigen. Doch bereits beim Frühstück geraten unsere Pläne ins Wanken. Zwei Tage zuvor hat Andreas wie üblich zum Monatsende das neue Kalenderblatt für Oktober auf Facebook gepostet - die Eingangspforte der Zaouïa Sidi el Houari. Dort waren wir 2021 bei einem Besuch zum Moussem eingeladen. Der Tag war ein unvergessliches Erlebnis.
Über Facebook erreicht uns eine Nachricht von Rezqi Moulay Omar aus der Zaouïa - auf Deutsch
Ich hoffe, Ihnen hat dieses Erlebnis gefallen. So sehr mir der Artikel über dieses Erlebnis gefallen hat, ich wünschte, ich könnte dabei sein und Ihnen alle Erklärungen über die Zawiya und ihren Gründer sowie über die Region Farakla geben. Willkommen jederzeit und willkommen für alle Besucher, wo immer sie sind. Die Zawiya ist eine religiöse Institution, die Frieden und Liebe unter allen verbreitet. Ich bin hier, um alle Ihre Fragen zu beantwortenIch hoff
sowie auf Arabisch. Den arabischen Text lassen wir in unserer Unterkunft übersetzen und erfahren, dass es sich um eine Einladung zum diesjährige Moussem handelt. Es findet vom 4. - 6. Oktober statt. Der Termin passt uns leider nicht ganz, aber wir entscheiden trotzdem, dort zumindest für einen kurzen Besuch vorbeizuschauen.
So ändern wir unsere Route, fahren durch den Jbel Saghro Richtung Tinghir. Dort legen wir einen kurzen Stopp ein, besuchen Roger Mimó Lladós im Hotel Tomboctou. Mit ihm arbeiten wir zusammen, er versorgt uns mit Zielen aus seiner Datenbank, er bekommt Fotos von uns, die ihm fehlen. Die Freude unseres Spontanbesuches ist groß, Roger lässt seine Arbeit liegen, setzt sich mit Erfrischungsgetränken zu uns in den Hof. Wir erzählen von unseren bisherigen Erlebnissen, Roger berichtet von seiner Familie und vom langsamen Aufwärtstrend seines Hotels.
Kurze Zeit später rollen wir bereits weiter nach Tinjedad und biegen hinter dem Fluss Richtung Zaouïa ab. Wie bereits vor zwei Jahren parken wir direkt vor dem Tor. Auf der gegenüberliegenden Freifläche finden bereits emsige Vorbereitungen für das bevorstehende Moussem statt. Unser Weg durch das Tor wird von einem Jungen beobachtet, er folgt uns und ruft im Hof energisch einen Namen. Von oben ertönt eine Antwort, dann hören wir Schritte auf der Treppe. Freudestrahlend kommt Rezqi Moulay Omar , der uns bereits vor zwei Jahren empfangen hat auf uns zu, umarmt uns beide herzlich und bittet uns nach oben.
Sicher haben wir auch ihn bei Vorbereitungen gestört, er nimmt sich trotzdem Zeit, beginnt im Salon Tee zu kochen. Schnell ruft er einen weiteren Jungen hinzu, der Englisch versteht und für ihn übersetzen kann. Im Gespräch stellt sich heraus, dass Rezqi Moulay Omar seinen arabischen Text per Computer in Deutsch übersetzt, ohne zu verstehen, was er weiterleitet. Umso größer ist seine Begeisterung, dass wir dieser Einladung tatsächlich gefolgt sind. Auch zwei seiner Töchter nähern sich neugierig, werden aber gleich losgeschickt, um Nüsse, Brot, Honig und Butter zu holen. Rezqi Moulay Omar erinnert sich, dass wir an Landkarten für Marokko arbeiten, lässt sie sich zeigen und betrachtet sie mit Interesse.
Plötzlich ertönt ein Ruf an der Tür: Barbara? Das Mädchen, das uns vor zwei Jahren in den Hof gebeten hat, erkannte das Schild "marokko-erfahren" an unserem Auto und kam auch zur Begrüßung. Erstaunlich, dass ihr mein Name noch im Gedächtnis war! Mich umarmte sie herzlich, Andreas hingegen reicht sie höflich die Hand. Sie berichtet, dass sie mittlerweile ihren Cousin geheiratet hat und im Nachbarhaus wohnt. Alle beteuern, dass wir unbedingt am diesjährigen Ereignis teilnehmen sollen, viele Besucher würden sich darüber freuen. Auch darf jetzt wieder in gewohnter Größe gefeiert werden, wir hatten 2021 nur die Corona-bedingte kleine Version erlebt. Dieses Jahr werden weit über einhundert Personen erwartet.
Wir antworten ausweichend, versuchen von der bevorstehenden Zugfahrt von Oujda nach Bouarfa zu erzählen, und dass wir noch eine weite Anreise hätten. Bevor wir uns verabschieden, müssen wir unbedingt noch einen Blick ins Museum werfen, Rezqi Moulay Omar erklärt, es hätte dort einige „updates“ gegeben. Und tatsächlich, alle wichtigen Ausstellungsstücke sind auf Arabisch, französisch und englisch beschriftet. Außerdem liegt auf dem Tisch die Kopie eines Buches, über das wir vor zwei Jahren gesprochen hatten. Roger Mimo Lladós hat es zur Verfügung gestellt.
Im Museum. Von rechts nach links: Rezqi Moulay Omar, Barbara, jüngster Bruder von Rezqi Moulay Omar, eine der Töchter von Rezqi Moulay Omar
Nur mit dem Versprechen, bei unserem nächsten Marokko Aufenthalt unbedingt wieder vorbeizukommen, lässt man uns ziehen.
Überwältigt von dieser Wiedersehensfreude steigen wir ins Auto und sind froh, am Morgen die spontane Routenänderung in die Tat umgesetzt zu haben.
Barbara & Andreas
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Urlaub vom Arbeitsurlaub
Auf der Fahrt von N’Kob Richtung Bouarfa folgen wir einer Einladung von Thomas Friedrich. Er lebt mit seiner Familie in Errachidia, beherbergt und verpflegt uns sehr komfortabel in seinem Haus. Gern möchte er uns seine Umgebung ein wenig näher bringen, nimmt sich dafür einen ganzen Tag Zeit. Am Vorabend sitzen wir gemeinsam am Computer und lassen uns seine Pläne zeigen. Mit vielen Hintergrundinformationen beschreibt er eine große Runde, wir können kaum glauben, dass sie an einem Tag zu schaffen ist. Gelassen antwortet er, gern Auto zu fahren um uns seine Wahlheimat, die er auch nach 25 Jahren noch genauso liebt, wie am ersten Tag, zu zeigen. Das ist etwas, was wir uns eigentlich viel öfter von Ortskundigen wünschen, aber hier bei Thomas tatsächlich zum ersten Mal erleben. Wir sind gespannt und freuen uns auf einen Tag, an dem wir beide nur aus dem Auto schauen und genießen können.
Nach einem ausgedehnten Frühstück verlassen wir Errachidia, folgen dem Fluss Ziz. Unterwegs macht uns Thomas auf die zahlreichen Wachtürme aufmerksam, die das Tal einst überragten. Vor vielen Jahren hat er sie alle zu Fuß erklommen. Wir überqueren den Fluss und fahren bergauf zum aufgegebenen Ksar Amjouj. Während wir durch die Ruinen streifen, berichtet Thomas, dass das Dorf wegen des Baus des Hassan-Eddakhil-Staudamms aufgegeben wurde, die Straße endet heute hier. Wir entdecken in einem Haus noch eine kunstvoll bemalte Holzdecke, finden die alte Moschee und genießen an einem ehemaligen Wachturm den Blick ins tief unter uns liegende Ziz-Tal. Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir an der ehemaligen Ölmühle des Dorfes vorbei, deren wuchtige Holzspindel uns sehr beeindruckt.
Richtung Hauptstrasse passieren wir zwei in eine Felswand gehauene Erinnerungssteine der 3. Fremdenlegionskompanie, 1. Bataillon vom März-April 1928, gut erkennbar an der siebenarmigen Flamme. Weiter Richtung Tal ist eine derzeit leider trockene Quelle. An ihrem Becken trafen sich die Frauen gern zum Wäsche waschen. Auch in zwei schöne Ksour - Aït Atmane und Aït Menzou, deren Außenmauern noch komplett sind, kann man von der Quelle hineinsehen. Auf eine nähere Besichtigung verzichten wir jedoch, da im Inneren nur noch Ruinen erkennbar sind.
Wieder auf der Nationalstraße angekommen geht die Fahrt weiter, nächster Stopp ist ein Tunnel, der von deutschen Fremdenlegionären in den Fels gehauen wurde. Welch harte und kräftezehrende Arbeit muss das einst gewesen sein...
Hinter dem Tunnel weiter sich das Ziz-Tal, wir biegen Richtung Fluss ab und erreichen die Station Thermale de Hamat Ali Cheri, eine heiße Quelle. Eben ist dort Frauenbadestunde, deswegen darf nur ich mich nähern. Fröhlich planschen nahezu unbekleidet Marokkanerinnen im Wasser, begrüßen mich freundlich. Als ich meine Hände ins Wasser tauche, ziehe ich sie fast erschrocken wieder heraus, so heiß ist das Wasser. Die dort Badenden empfinden das offenbar anders! Auf der anderen Flussseite sind das Dorf Ifri und zahlreiche Höhlen erkennbar.
Noch eine Quelle liegt unmittelbar an der Straße - Souce thermale Moulay Hachem. Das hier aus zwei Hähnen sprudelnde Wasser soll gegen Rheuma helfen, fleißig füllen sich Besucher ihre mitgebrachten Flaschen. Unter Bäumen stehen zahlreiche Bänke im Schatten, wir wappnen uns für das nächste Ziel.
Auch wenn in Tazmamarte außer einem Areal, das von einer Backsteinmauer mit Stacheldraht umzäunt ist, nichts weiter zu sehen ist, weht doch hier ein Wind des Grauens. Einst war hier ein Gefängnis mit unterirdischen Zellen, ohne Tageslicht, ohne Schutz vor Hitze oder Kälte, ohne jegliche ärztliche Versorgung vegetierten hier mehrere tausend Gefangene dahin... Lange schweigen wir im Auto, jeder hängt seinen Gedanken nach.
Über eine Piste rumpeln wir zu einem Bauwerk, das Aadi Oubihi errichten ließ mit dem Ziel, hier eine selbständige Republik auszurufen. Im Gebäude mit fantastischem Blick auf das weit unten liegende Ziz-Tal schwanken wir, ob es sich um eine Kasbah oder eine Kaserne gehandelt haben mag. Die endgültige Antwort bleibt offen, aber der einstige Herrscher hat hier wahrlich einen strategisch günstigen Platz gewählt.
Unser letztes Ziel führt uns zuerst durch Errachidia, dann Richtung Tinjedad. Nach einigen Kilometern biegen wir links von der Straße auf eine Piste ab, durchqueren den Ort Tarda. Reste des ursprünglichen Dorfes liegen auf einem Hügel, umgeben von einem großen Friedhof. Wir rollen weiter zu den Kalkbrennöfen hinter dem Dorf. Hier werden noch heute Ziegel in den rund gemauerten Öfen gebrannt. Eine Horde Kinder kommt hinter uns her, wäre Thomas nicht dabei, hätten wir vermutlich bereits die Flucht angetreten. Er kann sich mit den Kindern auf marokkanisch unterhalten und damit ist ihnen der Wind aus den Segeln genommen, um Geld zu betteln oder gar, aggressiv zu werden!
Müde, zufrieden und angefüllt mit tollen Erlebnissen erreichen wir Thomas Haus, seine Frau empfängt uns mit einem fantastischen Dinner - ein krönender Abschluss dieses herrlichen Tages.
Ein herzliches Dankeschön an Jamila und Thomas für ihre großzügige Gastfreundschaft.
Barbara & Andreas
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Wie immer ein sehr anschaulicher Bericht, der mich hat mitfahren lassen. Danke dafür!
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Danke
sehr auch von mir.
Da wäre man doch gerne dabei…….
Gruß,
Maria
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Busfahrt von Bouarfa nach Oujda
Am Vorabend des 6. Oktober erkundigen wir uns nach unserer Ankunft in Bouarfa nach Busverbindungen Richtung Oujda. Stündlich fährt ein Bus, so erfahren wir, man zeigt auf einen Platz, der angeblichen Busstation.
So begeben wir uns nach dem Frühstück zu diesem Platz, fragen im Vorbeigehen noch in einem Büro der CTM, doch deren Bus - eine wohl durchgehende Verbindung - fährt erst um 15 Uhr, das ist uns zu spät. Neben der uns genannten Busstation warten einige Taxifahrer, vorsichtshalber frage ich noch einmal nach. Kurzerhand bedeutet uns ein Taxifahrer, wir sollten einsteigen, er fährt uns zum Busbahnhof. Zu unserem großen Erstaunen landen wir am entgegengesetzten Ende der Stadt. Einen gerade abfahrenden Bus nötigt der Taxifahrer zum Anhalten, erfährt aber, dass er nach Figuig und nicht nach Oujda fährt. Wir bedanken uns mit einem Backschisch, kaufen am Eingang des Busbahnhofs zwei Tickets und müssen noch eine knappe halbe Stunde bis zur Abfahrt warten.
Der Bus rollt ein, wir suchen uns Plätze, um 11 Uhr soll es losgehen. 11.25 Uhr bewegt sich der Bus langsam vom Hof. Nach bereits 500 m muss er wieder halten, einige junge Männer steigen aus, haben registriert, dass sie im falschen Bus gelandet sind.
Zwei Kilometer weiter wieder ein Stopp, ein alter Mann versucht einzusteigen, bleibt entkräftet im Gang liegen. Nach einer Weile und tatkräftiger Unterstützung zweier Mitreisender sinkt er auf einen Sitzplatz. Wir reichen ihm eine Flasche Wasser, er lächelt dankbar.
Kilometer 5: der Bus bremst an einer Polizeikontrolle, ein Polizist steigt ein, geht prüfenden Blickes durch die Reihen, zeigt auf zwei Fahrgäste, kassiert deren Ausweise ein und verlässt den Bus. Gefühlte zehn Minuten später steigt der Busbegleiter ein, hält die Ausweise hoch und verteilt sie. Auch wir melden uns, er grinst...
Ab jetzt gibt der Bus, was er kann, rauscht mit 100 km/h die Landstraße entlang. Nach reichlich 20 km erneuter Halt, eine Nomadenfrau möchte mit ihren Kindern aussteigen, auf der Piste neben der Straße kommt man ihr schon entgegen. Beim Bezahlen reicht sie dem Busbegleiter einen 20 DH-Schein. Der sagt etwas zu ihr, hält weiter die Hand auf. Offensichtlich reicht ihm das Geld nicht. Bedauernd zuckt die Frau mit den Schultern, gibt durch Gesten zu verstehen, dass sie nicht mehr hat, was er schließlich akzeptiert.
Der nächste offizielle Halt ist nach knapp 80 Kilometern in Tendrara. Außer an der regulären Haltestelle winken immer wieder Fahrgäste am Straßenrand, die in den langsam rollenden Bus einsteigen. Ungeduldig hupt der Fahrer an der Haltestelle, das Einsteigen dauert ihm wohl zu lange, er will weiter.
Etwa 100 Kilometer vor Oujda erneuter Halt an einer Hütte - Toilettenpause für den Fahrer, Rauchpause für andere. Eine Frau steigt aus, setzt sich auf die Stufen des Busses und kramt Zettel und Stift aus ihrer Tasche. Sie winkt mich heran, reicht mir den Zettel und fordert: Telefonnummer! Ratlos verneine ich, sie packt wieder ein und steigt in den Bus. Unsere Frage, was sie wohl mit unserer Nummer gewollt hat, wird wohl für immer unbeantwortet bleiben...
Langsam nimmt der Verkehr zu, offenbar nähern wir uns Oujda. Wir freuen uns, fühlen uns doch reichlich durchgeschaukelt. Seelenruhig fährt der Fahrer jedoch in eine Parkbucht links der Straße und steigt aus. Durch das Fenster sehe ich einen Gemüsestand und unseren Fahrer, der dort sorgfältig Obst und Gemüse auswählt. Eine Frau steigt aus, nutzt ebenso die Gelegenheit zum Einkauf, weitere Fahrgäste folgen dem Beispiel. Im Bus steigt die Temperatur, alle schauen genervt und schwitzend aus dem Fenster. Auch wir müssen raus, aber nur zum Luft schnappen. Prall gefüllte Einkaufsbeutel werden in die geöffneten Gepäckklappen geschoben, dann winkt der Fahrer, ruft "jallah"! Beim Einsteigen drückt mir der Busbegleiter eine Handvoll reifer Trauben in die Hand mit den Worten: besser, als Wasser! Süß und saftig sind sie, gern hätte ich mehr davon gehabt...
In Oujda endet die Fahrt an einer Tankstelle, offensichtlich braucht der Fahrer Benzin. Alles strebt nach draußen, wir schließen uns an. Beim Weiterlaufen Richtung Hotel erspähen wir unmittelbar hinter der Tankstelle den Busbahnhof und verstehen nun, dass alle Fahrgäste ganz selbstverständlich ausgestiegen sind. Wir gönnen uns im nächsten Café ein Erfrischungsgetränk und Kaffee, sind uns dabei einig, dass Reisen mit dem eigenen Auto doch deutlich komfortabler ist.
Morgen werden wir die Rückfahrt im Zug antreten, der nicht nur vier, sondern zehn Stunden für die nahezu gleiche Strecke benötigen wird. Wir sind gespannt.
Barbara & Andreas
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Genau so ist Busfahren in Marokko.
Ein Erlebnis. :-))
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wie es leibt und lebt.
Gruß,
bulbulla
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Zitat:Eine Frau steigt aus, setzt sich auf die Stufen des Busses und kramt Zettel und Stift aus ihrer Tasche. Sie winkt mich heran, reicht mir den Zettel und fordert: Telefonnummer! Ratlos verneine ich, sie packt wieder ein und steigt in den Bus. Unsere Frage, was sie wohl mit unserer Nummer gewollt hat, wird wohl für immer unbeantwortet bleiben...
Ihr hättet der Frau sagen müssen, dass Ihr ihrem Sohn, Neffen, Bruder oder Schwager keine Arbeitsstelle in Europa besorgen könnt.
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Am Rand einer Hochzeit
Telefonisch buchen wir aus Rissani eine Unterkunft für eine Woche in Zagora. Anreise und Empfang laufen ganz unkompliziert. Es ist eine einfache Unterkunft, aber viel mehr als Betten zum Schlafen und eine Dusche brauchen wir kaum. Dass nur kaltes Wasser aus der Leitung fließt, stört uns bei der Außentemperatur von 30°C nicht, die eine komplett durchgelegene Matratze lasse ich nach einer Nacht auf Sprungfedern doch auswechseln...
Am Mittwoch verkündet uns Belaid, Inhaber der Unterkunft, dass hier in den nächsten Tagen eine Doppelhochzeit seiner Zwillingstöchter stattfinden wird. Wir sind gespannt.
Donnerstag und Freitag werden im Hof Zelte aufgebaut, kein Platz mehr für Autos. Großputz in der Unterkunft, nach und nach reisen Verwandte an. Freitag Abend sind alle Zimmer in marokkanischer Hand, wir fühlen uns als Fremdkörper.
Samstag Nachmittag liegen zahlreiche Männer im Zelt auf Kissen, palavern. Belaid lädt uns erneut zur Hochzeit ein, schürt Hoffnungen, die nie erfüllt werden. Immerhin bekommen wir zweimal eine halbvolle Kanne mit lauwarmem Tee auf den Tisch - offensichtlich war er irgendwo übriggeblieben! Marokkanische Gastfreundschaft kennen wir anders. Dann fordert er uns auf, vor der Tür beim Schlachten der Kuh zuzusehen. Darauf verzichten wir lieber, beobachten aber, wie es dort voll und laut wird. Offensichtlich haben Marokkaner bei dieser Situation weniger Berührungsängste, als wir. Der Abend plätschert dahin, es passiert nichts Erwähnenswertes.
Sonntag werden plötzlich Stühle und Tische im Zelt aufgebaut, die Stühle hübsch mit lilafarben Überzügen. Außerdem treffen verschiedene Musiker ein. Auch weitere zahlende Gäste aus Holland und der Schweiz sind heute gekommen. Für sie wurden in Windeseile Zimmer hergerichtet.
Wir sitzen nachmittags im überdachten Frühstückszelt, arbeiten am Computer. Draußen ertönt der nachmittägliche Ruf zum Gebet und plötzlich wird das Zelt geflutet von reichlich 15 Männern in weißen Gewändern. Hastig schieben sie Tische beiseite, wir werden von den im Weg stehenden Stühlen eingebaut. Dann reißen sie Tischdecken von den Tischen, breiten sie als Gebetsunterlage auf dem Fußboden aus und beginnen lautstark zu beten. Etwas hilflos stehen die anderen Gäste im Hof, wir versuchen, weiterzuarbeiten. Kaum ist das Gebet beendet, verschwinden die Männer, ein Chaos hinterlassend.
Eine Gnaua- Band sammelt sich im Hof, bereitet sich auf ihren Auftritt vor. Wir ziehen es vor, duschen zu gehen - plötzlich gibt es heißes Wasser... und suchen uns in Zagora ein Restaurant, um Abendbrot zu essen. Bei unserer Rückkehr ist das Zelt gut gefüllt, die Männer sitzen beieinander, plaudern oder lauschen der lautstarken Musik einer Band. Frauen, geschweige denn die Bräute sind weit und breit nicht zu sehen.
Montag im Laufe des Tages ändert sich das Bild. Erneut muss ein Tier dran glauben, eine Ziege wird geschlachtet. Die Stühle im Zelt bekommen eine neue Dekoration, diesmal sind die Überzüge weiß. Es laufen mehr Frauen, als Männer im Hof umher. Egal, wir verstehen zu wenig von all dem, ziehen wieder los und kehren erst mit Einbruch der Dunkelheit bereits gesättigt in die Unterkunft zurück.
Jetzt staunen wir: zahlreiche festlich gekleidete und sorgfältig gestylte Frauen sitzen erwartungsvoll an den Tischen. Weitere strömen in Gruppen herbei. Es ist 19.30Uhr und nichts weiter passiert. Wir gehen wieder heiß duschen, unterhalten uns im Frühstückszelt mit anderen Gästen. Alle sind gespannt auf die Bräute, aber keiner weiß, wie es weiter geht. Gegen 22.30 Uhr entscheidet sich Andreas, die Nachtruhe einzuläuten, ich will noch ein bisschen warten. Einige der Ladies schauten bereits etwas genervt in die Gegend, schließlich warteten sie bereits etliche Stunden und außer einigen Flaschen Wasser steht nichts auf den weiß gedeckten Tischen.
Irgendwann ertönt lauts Hupen, ein geschmücktes Auto bahnt sich, begleitet von Trommelklängen, den Weg bis vor das Zelt. Die zwei gequält lächelnden Bräute zwängen sich aus dem Auto, eng umringt von zahlreichen Fotografen. Dann werden sie langsam durch das Zelt geführt, jede mit einer Begleiterin, die offenbar verantwortlich für deren Kleiderordnung ist. Ständigt zupfen sie den Schleier zurecht, richten die Kronen auf dem Kopf, korrigieren die Handhaltung der armen Mädels. Endlich erreichen diese ein Podest mit zwei goldenen Stühlen, auf denen sie Platz nehmen und sich bewundern lassen.
Ich habe genug gesehen, verziehen mich ins Zimmer und lege mich ins Bett, ein Buch griffbereit neben mir. Bei der Lautstärke der Musik ist an Nachtruhe kaum zu denken... Wir fallen in einen unruhigen Schlaf bis wir unsanft durch lautes Klopfen an der Tür munter werden. Es ist 5.30 Uhr, das Fest neigt sich vermutlich dem Ende zu, die Verabschiedung steht bevor. Aber noch eine weitere Stunde lang schallt die Musik, dann endlich wird es ruhiger. Wir stehen um 9 Uhr gerädert auf, um für unsere bevorstehende Abreise zu packen. Beim Blick ins Frühstückszelt vergeht uns der Appetit. Auf allen Tischen häufen sich Knochenreste, Brotkanten, Coucouskrümel und Obstreste. Offensichtlich haben die Männer hier die Reste des Hochzeitsmahls verschlungen. Wir entscheiden uns für ein Frühstück im Ort, bezahlen die Unterkunft und verlassen fluchtartig diesen wenig gastlichen Ort.
Sollen die Marokkaner Hochzeit feiern, wie es ihnen gefällt, aber hätte nicht wenigstens die Unterkunft in dieser Zeit auf Gäste verzichten können, wenn man sich so wenig um deren Wohlergehen kümmert? Mit dieser Meinung waren wir keineswegs die einzigen Gäste! Auch die Lust aufs Fotografieren ist uns in diesem Ambiente verloren gegangen, daher ist der Beitrag ohne Anschauungsmaterial!
Barbara & Andreas
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Liebes Marokko-erfahren-Team,
oh, das tut mir leid, dass ihr solch eine wirklich merkwürdige Feier miterleben musstet und dort keine Gastfreundschaft genießen konntet.
Zu schade, dass ihr nicht bei „unseren“ Hochzeiten der Familie dabei sein konntet!
Da hättet ihr gestaunt - und es hätte lecker Kamel
u. v. a. gegeben.
Die Braut allerdings hättet ihr kaum gesehen - sie bleibt traditionell in einem Zimmer verborgen.
Natürlich hätte ich sie mit anderen Frauen dann aufgesucht.
Sollte ich wieder mal zu Zeiten einer Hochzeit in meiner 2. Heimat sein, schreibe ich euch ne PN. Inshallah.
Marokkos Hochzeiten sind toll.
LG,
Maria
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@Bulbulla,
Zitat:Marokkos Hochzeiten sind toll.
Ich finde sie, und damit stehe ich nicht alleine da, stinklangweilig bis störend und besuche sie deswegen seit vielen Jahren nicht mehr und bin auch froh keine in meiner Nachbarschaft zu haben.
Nur die beiden allerersten könnte ich noch als "interessant" bezeichnen.
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Mit besten Grüßen aus Errachidia,
Thomas
In Marokko ist alles möglich nur nichts schnell.
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Hallo Thomas,
ich kann natürlich nur von denen berichten, die ich erlebte, und da war‘s schön.
Vllt auch, weil ich tanze……ausgiebig.
Und ja, beim Schlachten war ich früher auch schon mal dabei….
Wollte halt alles kennen lernen.
Grüße,
Maria
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Der reine Tanz mag ja noch angenehm sein.
Aber das ganze Unorganisierte, die langen Wartezeiten zwischen allen Vorgängen, das zwangsläufige Verschieben bis in die späte Nacht, die überlaute Musik, usw..
Nein dank, da weiß ich was schöner ist.
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Mit besten Grüßen aus Errachidia,
Thomas
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