15.04.2020, 17:33
"Jede Maske ist besser als keine Maske"
Die Kehrtwende des Robert-Koch-Instituts in Bezug auf die Schutzwirkung von Masken scheint zunehmendem öffentlichen Druck geschuldet. Seit Wochen empfehlen Fachleute der Bevölkerung, sich konsequent mit Masken zu schützen. Walter Popp, der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenaushygiene, sagt klipp und klar: „Jede Maske ist besser als keine Maske.“
Der Infektionsepidemiologe Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum in Halle hält sogar eine Maskenpflicht für „absolut sinnvoll“. Auch der Nationale Pandemieplan, bei dessen Erstellung das Robert-Koch-Institut federführend beteiligt war, geht davon aus, dass durch einen Mund-Nase-Schutz „prinzipiell sowohl ein besserer Schutz für Dritte (wenn die Maske-tragende Person selbst infiziert ist) also auch für die tragende Person selbst erreicht werden kann“.
…
Noch bis vor wenigen Tagen war auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu lesen, dass eine Schutzwirkung von Gesichtsmasken gegen das Corona-Virus nicht wissenschaftlich belegt sei.
Eine derartig allgemeine Aussage kann schon deshalb nicht richtig sein, da es sehr unterschiedliche Arten eines Mund-Nase-Schutzes gibt, und die Schutzwirkung einer Maske von ihren technischen Merkmalen abhängt, also kein konstanter Wert sein kann.
Außerdem fragt sich nicht nur der Laie, warum medizinisches Personal Schutzmasken tragen muss, wenn deren Wirksamkeit nicht bewiesen ist.
Seit dem 1. April hat das Robert-Koch-Institut seine Empfehlung modifiziert. Im eher drögen Jargon des RKI heißt es jetzt: „Durch einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) oder bei der gegenwärtigen Knappheit eine textile Barriere im Sinne eins MNS (eine sogenannte Behelfsmaske) können Tröpfchen, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, abgefangen werden.
…
In der derzeitigen Lage ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass unter mehreren Personen, die in einem Raum oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel aufeinandertreffen, mindestens eine Person infektiös ist. Das Risiko einer Virusübertragung würde gegen Null sinken, wenn alle eine Maske tragen. Wobei es irrelevant ist, ob der Effekt durch „Fremdschutz“ oder „Eigenschutz“ erzielt wurde.
Es ist kein Zufall, dass in den vier Ländern, in denen Covid-19 nahezu vollständig oder weitgehend unter Kontrolle gebracht wurde (China, Südkorea, Taiwan, Singapur), das Tragen eine Schutzmaske im öffentlichen Raum wie auch bei der Arbeit längst wichtiger Bestandteil der Strategie ist, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. George Gao, Direktor des chinesischen Seuchenkontrollzentrums, warnt dementsprechend im Fachmagazin „Science“, dass der „große Fehler in den USA und Europa“ sei, dass „die Leute keine Masken tragen“.
Selbst wenn man der Aussage des chinesischen Chefepidemiologen ein gewisses Eigeninteresse unterstellt (China ist der weltgrößte Produzent von Schutzmasken), ist aus der heutigen Perspektive klar, dass das konsequente Tragen von hochwertigen Schutzmasken eine wesentliche Komponente bei der Kontrolle der Epidemie war.
…
Der Tagesspiegel - 14.04.2020, 11:28 Uhr
Ein Gastbeitrag von HERMANN FELDMEIER
Der Autor ist Arzt und Professor für Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie und Tropenmedizin und forscht und lehrt am Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité.
https://www.tagesspiegel.de/wissen/coron...36624.html
Die Kehrtwende des Robert-Koch-Instituts in Bezug auf die Schutzwirkung von Masken scheint zunehmendem öffentlichen Druck geschuldet. Seit Wochen empfehlen Fachleute der Bevölkerung, sich konsequent mit Masken zu schützen. Walter Popp, der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenaushygiene, sagt klipp und klar: „Jede Maske ist besser als keine Maske.“
Der Infektionsepidemiologe Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum in Halle hält sogar eine Maskenpflicht für „absolut sinnvoll“. Auch der Nationale Pandemieplan, bei dessen Erstellung das Robert-Koch-Institut federführend beteiligt war, geht davon aus, dass durch einen Mund-Nase-Schutz „prinzipiell sowohl ein besserer Schutz für Dritte (wenn die Maske-tragende Person selbst infiziert ist) also auch für die tragende Person selbst erreicht werden kann“.
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Noch bis vor wenigen Tagen war auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu lesen, dass eine Schutzwirkung von Gesichtsmasken gegen das Corona-Virus nicht wissenschaftlich belegt sei.
Eine derartig allgemeine Aussage kann schon deshalb nicht richtig sein, da es sehr unterschiedliche Arten eines Mund-Nase-Schutzes gibt, und die Schutzwirkung einer Maske von ihren technischen Merkmalen abhängt, also kein konstanter Wert sein kann.
Außerdem fragt sich nicht nur der Laie, warum medizinisches Personal Schutzmasken tragen muss, wenn deren Wirksamkeit nicht bewiesen ist.
Seit dem 1. April hat das Robert-Koch-Institut seine Empfehlung modifiziert. Im eher drögen Jargon des RKI heißt es jetzt: „Durch einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) oder bei der gegenwärtigen Knappheit eine textile Barriere im Sinne eins MNS (eine sogenannte Behelfsmaske) können Tröpfchen, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, abgefangen werden.
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In der derzeitigen Lage ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass unter mehreren Personen, die in einem Raum oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel aufeinandertreffen, mindestens eine Person infektiös ist. Das Risiko einer Virusübertragung würde gegen Null sinken, wenn alle eine Maske tragen. Wobei es irrelevant ist, ob der Effekt durch „Fremdschutz“ oder „Eigenschutz“ erzielt wurde.
Es ist kein Zufall, dass in den vier Ländern, in denen Covid-19 nahezu vollständig oder weitgehend unter Kontrolle gebracht wurde (China, Südkorea, Taiwan, Singapur), das Tragen eine Schutzmaske im öffentlichen Raum wie auch bei der Arbeit längst wichtiger Bestandteil der Strategie ist, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. George Gao, Direktor des chinesischen Seuchenkontrollzentrums, warnt dementsprechend im Fachmagazin „Science“, dass der „große Fehler in den USA und Europa“ sei, dass „die Leute keine Masken tragen“.
Selbst wenn man der Aussage des chinesischen Chefepidemiologen ein gewisses Eigeninteresse unterstellt (China ist der weltgrößte Produzent von Schutzmasken), ist aus der heutigen Perspektive klar, dass das konsequente Tragen von hochwertigen Schutzmasken eine wesentliche Komponente bei der Kontrolle der Epidemie war.
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Der Tagesspiegel - 14.04.2020, 11:28 Uhr
Ein Gastbeitrag von HERMANN FELDMEIER
Der Autor ist Arzt und Professor für Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie und Tropenmedizin und forscht und lehrt am Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité.
https://www.tagesspiegel.de/wissen/coron...36624.html